Trends für das neue Schuljahr
Was kommt im nächsten Schuljahr an Trends in die Digitalisierungs-Debatte? Ich will mal einen nicht allzu ernst gemeinten Blick in die Kristallkugel wagen:
1) Nachbardisziplinen. Es gibt Menschen, die weder etwas mit Schulen noch mit digitalen Medien zu tun haben. Es kommt vor, dass diese Menschen denken, dringend ihre Meinung zum Thema sagen zu müssen. Dieser Trend wird sich weiter verstärken: Jeder wird argumentieren, dass sein spezifisches Fachwissen relevant ist und gehört werden muss, und dass eigentlich ganz dringend irgendein abseitiges Thema dazu erforscht werden muss. Mit EU-Fördergeldern, wenn’s gerade passt. Ich rechne mit dem Ärzteverband, dem Bauernverband, den Tierschützern und ein paar abgehalfterten B-Promis.
2) Datenschutz. Im Namen des Datenschutzes erwarte ich viele interessante neue Gedanken, aber auch viel Aktionismus. Positiv: Es wird ein höheres Problembewusstsein entstehen, und dann wird vielleicht endlich mehr gelöscht werden. Vielleicht löschen mich dann auch mal ein paar Spammer aus ihren Verteilern. Negativ: Viele coole Ideen werden kritischer beäugt, als sie es verdient haben. Manchmal (nein, sicher nicht immer – so naiv darf man nicht sein) wollen die Programmierer eben wirklich nichts über Maxi aus der dritten Reihe wissen.
3) WhatsApp-Ablösung. Die Elterngeneration ist den Jugendlichen zu WhatsApp gefolgt – also werden die Jugendlichen weiter abwandern. In gewisser Weise sind die Jugendlichen die Vorhut, die Elterngeneration kommt dann wie ein Schwarm Wanderameisen hinterher, nimmt alles an Spaß mit, was man nur haben kann, und schaut sich dann verwundert um, wo die Jugend jetzt schon wieder ist… Ich würde auf einen Videobotschaften-Dienst wetten. Idealerweise sollten sich Avatare lippensynchrone tänzelnd bewegen, während die Nutzer sprechen – die Avatare könnten irgendwelche In-App-Purchase-Dinge tragen… Ähm, kann das mal schnell jemand programmieren und mich damit reich machen?
4) Nahgruppenchats. Die App merkt, wer im selben Bus sitzt, und macht einen Laberkanal auf. Total praktisch für Busfahrten, wird dann aber schnell zu so einer Datingsache, bis die Bildzeitung sich eine Gruselgeschichte dazu ausdenkt.
5) Handyzonen im Schulgebäude. So eine Art digitale, unregulierte WildWest-Zone, in der Schüler ihre Handys benutzen dürfen, ohne Lehrer um Erlaubnis zu fragen. Die Elternvertretungen werden so etwas nachfragen und einführen, schon allein, damit die Kids schnell schreiben können, dass sie nicht mittags heim kommen, weil noch Fußball ist. Alternativ kommen dann halt Datenflatrates mit Zeitschaltuhr: Die Nachmittagsflat ist teurer als die Vormittagsflat.
6) Mehr kurze Fortbildungen in innovativen Formaten zur Digitalisierung. Wir sind nicht mehr ganz am Anfang, wir wissen was ein Medium ist, was digital ist, wir kennen die letzten Jugendmedienstudien, wir haben eine brauchbare Vorstellung davon, wie sich 1:1 Lernumgebungen anfühlen… Jetzt wollen wir Lehrer die Schüler beim Lernen mit digitalen Medien unterstützen. Der Trend wird im Alltag weiter zu Kurzfortbildungen und -workshops gehen, und theoretische Grundlagen werden leidenschaftlich an den Universitäten diskutiert werden. Ob es ‚medial‘, ‚digital‘, ‚modern‘ oder ‚zeitgemäß‘ heißen soll, was mit den Kids in der Schule gemacht wird … ist den Kids erstmal egal.
7) Organisierte Maschinenstürmer mit Angst vor Strahlung, Verdummung, Bewegungsmangel und emotionaler Vereinsamung der Jugendlichen. Vielleicht findet sich ein Dachverband, der Ihnen eine Stimme gibt, eventuell aus Nachbardisziplinen?
8) Irgendwelche Challenges, die von Schnappsherstellern ausgerufen werden. Balancieren auf einem Bein, und dabei in regelmäßigen Abständen ein Gläschen Eierlikör wird der Trend zu Ostern. Sie nennen es ‚Verboten Verpoorten‘-Challenge, und man muss sich das Gesicht dazu gelb anmalen.
9) Tauriger Ernst: Lehrermangel.